Kendu Bay
Kendu Bay liegt als kleine Ortschaft etwa zwei bis drei Kilometer entfernt vom Lake Victoria. Vor vielen Jahren reichte der See direkt bis an den Rand der kleinen Gemeinde. Während der See in der Vergangenheit regelmäßig die Ufer nahen Gebiete überflutete, zieht er sich nun mehr und mehr zurück. Durch die mittlerweile länger anhaltenden Trockenzeiten fließt immer weniger Wasser in den See. Die einst von den Engländern eingeführte Wasserhyazinthe hat sich beängstigend in Form von Hyazinthenteppichen ausgebreitet und trägt dazu bei, dass die Uferregionen verlanden.
Hier in der Provinz Nyanza lebt hauptsächlich das Volk der Luo. Eigentlich sind sie ein Volk der Fischer, doch mittlerweile bewirtschaften die meisten eine kleine Shamba (Gartengrundstück) von dem sie sich ernähren können. Offiziell ist in Kenia zwar die Polygamie verboten, doch in dem Volk der Luos wird sie weiterhin praktiziert.Dies ist mithin auch ein Grund, warum die AIDS – Häufigkeit in der Provinz Nyanza mit die höchste Rate in Kenia aufweist. So ist auch die AIDS Sterblichkeit hier besonders hoch. Zurück bleiben die Kinder, oftmals versorgt von ihren Großmüttern oder Verwandten.
Der Lake Victoria gehört mit zum Ostafrikanischen Grabenbruch. Das Klima ist hier oft feucht und heiß. Ideale Bedingungen für Malaria. Die Sterblichkeit aufgrund dieser Krankheit zeigt sich gleichfalls sehr hoch. Malaria kann eine Ursache für eine Epilepsie darstellen.
Noch bis vor ein paar Jahren schien es, als hätte die kenianische Regierung Kendu Bay vollständig vergessen. Die Straße entlang des Lake Victorias von Kendu Bay nach Kisumu war 2007 noch eine einzige Katastrophe. Unbefestigt, zeigte sie da, wo sie einst geteert war, mehr Schlaglöcher als fahrbare Fläche. Ideale Bedingungen für organisierte Raubüberfälle. Die Straße von Kendu bay nach Kisumu galt als Eldorado bei Straßenräubern. 2009 wurde dann, nach etwa zweijähriger Bauzeit, die Straße neu angelegt, geteert und befestigt. Die Raubüberfälle gingen schlagartig zurück. Die Fahrzeit von Kendu Bay nach Kisumu verkürzte sich von einst zwei oder drei Stunden auf nun stark eine Stunde. 2011 wurde dann auch die weiterführende Straße von Kendu Bay nach Homa Bay fertiggestellt.
Fährt man von Kisumu kommend mit dem Auto in Kendu Bay ein, so ist man beinahe schon wieder draußen. Gerade mal 300 Meter lang ist die Hautgeschäftsstraße. Auf der Hauptkreuzung führt eine Straße, in einem abenteuerlichen Urzustand hinauf zu unserem Waisenhaus und weiter nach Oyugis.
Wie viele Menschen in Kendu Bay leben ist nicht so genau bekannt. Über weite Flächen an flach abfallenden Hängen, bilden viele, viele Shambas eine „Flickenteppich“ rund um den Ortskern. Immerhin gibt es zwei Tankstellen im Ort. Das Big Five Restaurant mit seiner Tankstelle ist wohl die Bekannteste davon. Am Wochenende kann es auch mal richtig rund gehen in der Disco hinter dem Restaurant. Es ist unbedingt anzuraten einen vorzüglich zubereiteten Tilapia Fisch sich dort servieren zu lassen.
2010 wurde eine Hauptwasserleitung von Oyugis nach Kendu Bay entlang der Straße verlegt. Von dieser gehen dann die einzelnen Leitungen an die Verbraucher. Doch die wenigsten können sich einen Wasseranschluss leisten.
2011 erfolgte die Anbindung der Gemeinde an die allgemeine Stromversorgung des Landes. Allein, die wenigsten können jedoch den Anschluss bezahlen. Etwa 300 bis 350 Euro kostet ein privater Stromanschluss. Doch immer wieder gehen, aufgrund von Spannungsschwankungen im Stromnetz, für einige Zeit die Lichter aus.
Und doch scheint vieles sich weiterzuentwickeln in Kendu Bay. Seit 2010 engagieren sich die Chinesen verstärkt in Kenia. Enorme Geldsummen fließen in das ostafrikanische Land. Straßen werden gebaut, die Elektrizitätsversorgung verbessert, Bewässerungsprojekte initiiert und damit auch einige Arbeitsplätze geschaffen. Im Gegenzug erhält China die Schürfrechte an den einheimischen Bodenschätzen. Doch Kendu Bay profitiert von diesem Engagement. Der Hauptfluss durch die Ortschaft wurde reguliert und über ein verzweigtes, z.T. unterirdisches Kanalsystem der gezielten landwirtschaftlichen Bewässerung zugeführt. Heute werden bereits Baumwolle und Reis in den Überflutungsflächen angebaut.
Durch die verbesserte verkehrstechnische Anbindung nimmt auch die Geschäftigkeit in Kendu Bay zu.
Doch abseits von allem Fortschritt herrscht weiterhin Armut, Krankheit, Hunger und Hoffnungslosigkeit in vielen traditionellen Rundhütten der Menschen.